Suche
Close this search box.

Der Apotheker, der den Himmel ordnete

Wolkenklassifikation. Der britische Pharmazeut und Amateur-Meteorologe Luke Howard nutzte seine Kenntnisse der lateinischen Nomenklatur, um die Wolken zu benennen. Goethe dankte ihm mit einem Gedicht.

Text: Maya McKechnaey | Illustrationen: shutterstock.com / Aleksandra Bataeva / shopplaywood | Foto Howard: Wikipedia / gemeinfrei

London, Anfang des 19. Jahrhunderts: Ein Mann steht auf einer Brücke über der Themse und blickt in den Himmel. Er beobachtet, wie Wolken kommen und verwehen, sich auftürmen und auflösen – ein Chaos aus feinsten Wassertröpfchen und Licht. Doch für ihn ist es mehr als ein Naturschauspiel. Luke Howard, gläubiger Quäker, Apotheker, Wissenschaftler und leidenschaftlicher Wetterbeobachter, sucht nach Ordnung. Was für andere flüchtige Gebilde sind, fasst er 1802 in ein System: Cirrus, Cumulus, Stratus. Und plötzlich ist sie da, eine neue Sprache der Wolken, die die Meteorologie bis heute nutzt.

Internationale Anerkennung erlangte Howard mit seinem 1802 gehaltenen und ein Jahr später veröffentlichten Vortrag „Über die Modifikationen der Wolken“. Darin beschrieb er nicht nur seine eigenen Detailbeobachtungen und schlug ein Klassifikationssystem vor, sondern stellte auch erste Hypothesen über den Einfluss verschiedener Wolkentypen auf das Wetter auf.

Romantiker als Wolken-Fans

Obwohl Howards Vortrag kein pharmazeutisches Thema aufgriff, spiegelte er doch das systematische Denken des Apothekers: Er war geschult darin, die lateinische Nomenklatur zur Unterscheidung verschiedener Substanzen anzuwenden und besaß fundierte Kenntnisse in Botanik, Chemie und Physik. Howards Lehre fand international rasch Anhänger*innen und legte so den Grundstein für die moderne Wettervorhersage.

Seine Forschung inspirierte nicht nur Wissenschaftler*innen, sondern auch bedeutende Künstler*innen seiner Zeit, etwa den Landschaftsmaler Caspar David Friedrich oder das dichtende Universalgenie Johann Wolfgang von Goethe. Goethe begann 1822 einen Briefwechsel mit Howard und widmete ihm das Gedicht „Howards Ehrengedächtnis“.

Luke Howard

Berühmter Vater, berühmter Sohn

Während so also Luke Howard als Begründer der modernen Wolkenkunde in die Annalen einging, erinnern sich heute nur noch wenige, dass er seinen Lebensunterhalt mit der 1807 im Londoner Vorort Stratford gegründeten Chemiefabrik Howard & Sons verdiente. Das Unternehmen war in späteren Jahren auf die Gewinnung des Alkaloids Chinin spezialisiert, eines wichtigen Wirkstoffs gegen Malaria. Nicht nur die Namen der Wolken verdanken wir also Howard, sondern auch Fortschritte in der pharmazeutischen Forschung – insbesondere durch seinen Sohn John Eliot Howard. Während nämlich Vater Howard allmählich das Interesse am Unternehmen verlor, entwickelte sich sein Nachfolger zu einem führenden Chinin-Experten. Er trug maßgeblich zur Identifikation und Verarbeitung der Pflanze bei, deren fiebersenkende Wirkstoffe bis heute in der Medizin genutzt werden. Rubiaceae Howardia, eine mit den Chinin-spendenden Chinarindenbäumen verwandte Art, wurde posthum nach John Eliot Howard, Sohn des Wolkentäufers, benannt.

P25011_HI_2_2025_07