Personalisierung als Trend. Über die Darreichungsform können Apotheker*innen auf individuelle Bedürfnisse und Vorlieben eingehen – und sich vom Versandhandel abheben.
Text: Greta Lun | Foto: shutterstock.com / MerikaWow Mösslacher: Alexandra Kromus

An dieser Stelle gibt Julia Mösslacher, PhD, Gastprofessorin für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Ratschläge zu einem Thema rund um die magistrale Zubereitung.
Salben, Tabletten und Augentropfen sind gängig – Lösungen zum Spülen von Körperöffnungen oder Wunden, zum Beispiel während einer Operation, werden hingegen kaum in der Apotheke hergestellt. Das Europäische Arzneibuch listet sogar mehr als 30 Arzneiformen auf, sechs davon sind für den veterinären Bereich, eine speziell für Wiederkäuer. Gesondert betrachtet werden im Regelwerk wiederum Arzneitees. Expertin Julia Mösslacher, PhD, gibt Auskunft, warum es sich lohnt, Patient*innen individuell zu beraten und bei Bedarf auf sie zugeschnittene Präparate herzustellen.
Welche Vorteile haben bestimmte Arzneiformen gegenüber anderen?
Vieles lässt sich über die Arzneiform und den Applikationsort steuern, etwa dass die Wirkung schneller eintritt, länger anhält oder generell eine bessere Bioverfügbarkeit gegeben ist. „Diese Eigenschaften können zum Vorteil des Patienten bzw. der Patientin eingesetzt werden. Bei der Auswahl kommt es dabei ganz auf die persönlichen Bedürfnisse an“, sagt Mösslacher und gibt ein Beispiel: Das Schmerzmittel Mexalen® mit dem Wirkstoff Paracetamol nehmen viele als Tablette ein. Kinder und Menschen mit Schluckbeschwerden können auf den Sirup oder die Brausetablette MexaVitC ausweichen. Suppositorien sind für Kinder und auch bei Personen, die etwa aufgrund einer Migräne an Übelkeit leiden, sinnvoll. Im Krankenhaus wird der Wirkstoff auch als Infusionslösung angewandt. Möglichkeiten gibt es viele – für wen welche Arzneiform die richtige ist, ist individuell.
Wann sollte eine Alternative angeboten werden?
Wenn sich im Gespräch herauskristallisiert, dass jemand Probleme bei der Einnahme hat, sollten Apotheker*innen nachhaken und – sofern erforderlich auch in Abstimmung mit dem behandelnden Arzt bzw. der Ärztin – eine passende Lösung finden. „Meiner Erfahrung nach sind ärztliche Fachkräfte Änderungen gegenüber meist offen. Denn der Switch auf eine andere Arzneiform kann auch die Therapie treue und damit den Behandlungserfolg verbessern“, so Mösslacher. Dringender Handlungsbedarf sei immer dann gegeben, wenn ein Medikament nicht wie verschrieben eingenommen werden kann. Zerkleinert beispielsweise jemand aufgrund von Schluckbeschwerden eine Tablette mit magensaftresistentem Überzug, so verändert das schließlich die Wirkung des Arzneimittels.
Welche Rolle spielen Unverträglichkeiten oder Allergien?
Besonders bei dermalen Zubereitungen kann es vorkommen, dass bestimmte Farb-, Duft- oder Konservierungsstoffe nicht vertragen werden bzw. jemand allergisch darauf reagiert. „Hier können magistrale Zubereitungen äußerst wertvoll sein“, weiß Mösslacher. „Die Apotheke kann das Arzneimittel ohne die unerwünschten Inhaltsstoffe anfertigen. Produkte für den alsbaldigen Verbrauch kommen auch ohne Konservierungsmittel aus – ein großer Vorteil von magistralen Rezepturen.“
Lohnt sich der Aufwand?
„Die magistrale Herstellung ist nicht nur unsere berufliche Pflicht, insbesondere um Versorgungslücken zu schließen, sondern auch eine Chance, Vertrauen aufzubauen und die Kundenbindung zu stärken“, sagt Mösslacher und rät, den Benefit für die jeweilige Person in den Mittelpunkt zu stellen. Anstatt zu betonen, dass ein Produkt erst hergestellt werden muss und deshalb nicht gleich mitgenommen werden kann, sollten Apotheker*innen die Vorteile hervorheben, nach dem Motto: „Wir erstellen ganz individuell für Sie die beste Lösung!“ Generell ließen sich auch apothekeneigene Spezialitäten wunderbar als Unique Selling Point (USP) nutzen. „Allerdings grenzen sich diese von magistralen und offizinalen Zubereitungen ab und unterliegen einem eigenen Zulassungsverfahren“, so Mösslacher.
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