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Den Stress an der Wurzel gepackt

Natürliches Multitalent. Ihre beruhigende Wirkung war schon den Wikingern bekannt. Von der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) wurde die Rosenwurz zur „Arzneipflanze des Jahres 2023“ gekürt. 

TEXT: Harald Sager

Die sowjetischen Kosmonauten der 1960er-Jahre müssen schon gewaltig „cool“ gewesen sein, sich einfach so ins All schießen zu lassen. Durch die Schwerelosigkeit in ihren Raumschiffen waren sie zudem extremen körperlichen Belastungen ausgesetzt. Zur Bewältigung ihres physischen und psychischen Stresses erhielten sie jedoch nicht etwa die neuesten chemischen Substanzen jener Zeit, sondern ausgerechnet das Extrakt einer seit Urzeiten überlieferten Heilpflanze: der auch in Sibirien wachsenden Rosenwurz. Tatsächlich ist die „Rhodiola rosea“, die in den arktischen Regionen und den Gebirgen der nördlichen Hemisphäre, aber auch hierzulande etwa in den Zentralalpen wächst, seit der Antike als Arzneimittel bekannt. So sollen sie etwa die Wikinger eingenommen haben, bevor sie in die Schlacht zogen. Und der griechische Arzt Dioskurides erwähnte sie schon 77 n. Chr in seiner „materia medica“.

Pflanzlicher Kraftspender

Heutzutage wird das Extrakt neben der Behandlung von Stress auch bei viralen Atemwegsinfektionen, gegen Burnout, Erschöpfung sowie Konzentrations- und leichte Angststörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen eingesetzt. Ausschlaggebend ist dabei die adaptogene Wirkung der alpinen Heilpflanze. In Laborexperimenten konnte nachgewiesen werden, dass die Rosenwurz den Energiestoffwechsel verbessert und eine erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen ausgleicht. Kein Wunder also, dass das akademische Netzwerk Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) diesen pflanzlichen „Stresskiller“ kürzlich zur „Arzneipflanze des Jahres 2023“ gekürt hat.

Heilsamer Wurzelstock

Rhodiola rosea ist in verschiedenen Ländern wie Österreich, Großbritannien und Schweden als pflanzliches Arzneimittel zugelassen. Von dem mehrjährigen Dickblattgewächs gibt es männliche und weibliche Individuen. Die weiblichen Blütenblätter sind meist grünlich und eher unscheinbar, die männlichen sehen hingegen wie kleine gelbe bis rotviolette Sterne aus. Als Arznei wird allerdings ausschließlich der gereinigte und zerstückelte Wurzelstock verwendet, aus dem ein wässriger beziehungsweise alkoholisch-wässriger Auszug gewonnen wird. 

„Der Name Rosenwurz bezieht sich übrigens nicht auf die Blüten“, weiß Univ.-Prof. i. R. Mag. Dr. Hermann Stuppner, Präsident des HMPPA: „Er bezieht sich auf den rosenartigen Geruch des Wurzelstocks, wenn man ihn ausgräbt und zerschneidet.“ 

Die Rosenwurz wird vielfach als „sibirisches Wundermittel“ angepriesen, sie ist aber auch in Österreich heimisch.  Bild: shutterstock