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Smart durchschlafen

MEDIZINPRODUKTE. Was können Apps für besseren Schlaf leisten? sleep2, das Schlaflabor für Zuhause, und das Anti-Schnarchtraining SchnarchFrei im Check.

Text: Greta Lun

Wie haben Sie letzte Nacht geschlafen? Hoffentlich gut! Denn Schlafprobleme sind weit verbreitet – in der westlichen Welt betreffen sie bis zu 30 Prozent der Bevölkerung. „Das reicht von Ein- und Durchschlafproblemen bis hin zu Apnoen, das sind Atemaussetzer mit gefährlichen Sauerstoffabfällen. Vor allem Männer ab 40 sind betroffen“, weiß Univ.-Prof. Dr. Manuel Schabus von der Universität Salzburg. Er hat einen der wenigen Lehrstühle für gesunden Schlaf im DACH Raum und kennt den Leidensdruck von Menschen mit Schlafmangel. „Schlaftherapien werden kaum angeboten, und eine Nacht im Schlaflabor kostet etwa 1.000 Euro. So entstand die Idee, ein Schlaflabor für zu Hause zu entwickeln.“


Sein Team trainierte einen Algorithmus mit Zehntausenden Daten aus dem Schlaflabor. Bestimmte Werte, etwa Augenbewegungen, die für die REM-Phase typisch sind, kann eine Smartwatch oder ein Brustgurt aber gar nicht erfassen. „Wir haben die KI also im zweiten Schritt nur mit Herzraten gefüttert. Das funktioniert gut. Unsere sleep2 App ermittelt die Schlafphasen mit einer Genauigkeit von 95 Prozent“, berichtet Schabus. Auch eine Studie mit einem achtwöchigen Therapieprogramm belegt die Wirkung der App: 80 Prozent schliefen schneller ein, hatten geringere Wachphasen und erholten sich im Schlaf auch insgesamt besser.

Schnarchnasen trainieren statt operieren
Sigismund Gänger spannt die Lippen, bis man seine Zähne gut sieht, und spricht abwechselnd ein „X“ und ein „U“ – vier Minuten lang. Die nächste Übung heißt „Fischmund“ und verlangt, bei geschlossenem Mund die Wangen anzusaugen und die Lippen leicht zu bewegen – gar nicht so einfach! Die Rede ist von der SchnarchFrei-App, die Gänger nicht nur nutzt, sondern auch mitentwickelt hat: „Ich litt an obstruktiver Schlafapnoe, und das Schnarchen belastete auch meine Partnerin.“ Sein Arzt riet ihm zu einer Operation, was er ablehnte. Dann wurde er auf den Wiener Logopäden Dario Lindes aufmerksam, der mittels Übungen Abhilfe versprach – mit Erfolg: „Ich habe schnell gemerkt, dass dieses Training bei mir gut funktioniert. So kam ich darauf, diese Technik über eine App einem größeren Kreis zur Verfügung zu stellen.“

„Schon das Schnarchen allein stellt eine gesundheitliche Gefahr dar“, sagt Lindes. Neben kurzfristigen Folgen wie Müdigkeit und Konzentrationsschwäche steigt langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Depression. Statistisch gesehen haben starke Schnarcher*innen eine um bis zu zehn Jahre kürzere Lebenserwartung. „Die Ursache ist fast immer eine Schwäche der Mund-und Rachenmuskulatur – und diese Fälle sprechen auf orales Muskeltraining sehr gut an.“ Zehn bis 15 Minuten pro Tag reichen aus, nach spätestens drei Monaten spürt man erste Effekte. Beide Apps sind als Medizinprodukt zertifiziert, durchlaufen demnächst in Deutschland den Zulassungsprozess als Digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) und führen dafür nötige klinische Studien durch. Die deutsche Techniker Krankenkasse bietet ihren Versicherten bereits sleep2 und SchnarchFrei gratis für ein Jahr. „Wir hoffen natürlich, dass auch die österreichischen Krankenkassen sich in Richtung DiGA bewegen“, so Schabus. Gänger vermutet, dass sich da nächstes Jahr etwas tun wird, „immerhin fünf Jahre nach Deutschland.“

Die sleep² App ist in sieben Sprachen verfügbar.